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Geschichten zum/vom Lebensende

Gedanken zum Lebensende und zum Tod machen sich 48 Persönlichkeiten im Buch «Zu Ende denken». In einer besonderen Ausstellung wurden im Mai 2014 in den Ar(t)kaden in Wallisellen nochmals alle Interviews des Buches sowie erstmals die gesamten Videoaufnahmen dazu vorgestellt. Im Entstehen begriffen ist zudem ein rund 80-minütiger Dokumentarfilm: palliacura hat ihn unterstützt.

«Warum?» fragte Moderator Frank Baumann den ehemaligen Franziskanermönch und heutigen Familienvater Benno-Maria Kehl an der Ausstellungsvernissage. Die schlichte, doch grundsätzliche Frage irritierte Kehl, doch er wusste bald schon eine Antwort: «Sterben ist ein existenzieller Moment wie die Geburt, ich habe beides erlebt.» Im Kloster habe er Mönche getroffen, die zum Sterben nicht bereit waren, obwohl Sterben, Tod und Jenseits ein zentrales Thema des Ordens sind. «Vielleicht haben sie ihr Leben nicht gelebt, keine oder viel zu wenig Höhen und Tiefen erfahren.»

Einen Wertewandel im letzten Lebensabschnitt gäbe es bei vielen Menschen, stellte die Chilbi- und Zirkuspfarrerin Katharina Hoby-Peter fest. Das Leiden und Hadern mit dem Sterben und dem Tod sei vor allem auch für die Angehörigen sehr schwierig und eine Belastung. Wer ruhig loslassen könne, mache es auch den Mitmenschen leichter.

Von seinen Erfahrungen nach zwei Jahren Aufenthalt in Indien erzählte der Kabarettist Andreas Thiel, der mit seinem farbigen Irokesenhaarschnitt aus der Menge der Vernissage-Besucher herausstach. Er glaube an die Wiedergeburt. In der westlichen Kultur sei das Wissen über das Materielle gross, aber in andern Kulturen, vor allem in Indien, gäbe es ein noch viel grösseres, vor allem geistiges Wissen über den Menschen, das Sterben und den Tod. Wer die Sterbenden in den Strassen einer indischen Stadt gesehen habe, wisse erst wie gross das Glück sei, hier bei uns leben zu können.

Es sei wichtig, sich mehr mit unserer Endlichkeit auseinanderzusetzen, betonte auch Chefarzt Dr. med. Roland Kunz, damals Präsident von palliative ch. Wir hätten in unserer westlichen Welt eine Sterbekultur verloren, die es früher gegeben habe. Dafür gäbe es heute eine Art Kampfkultur gegen den Tod – in der Medizin, aber auch bei Menschen in ihrer letzten Lebensphase selber und bei ihren Angehörigen. Vielleicht sei dies oft auch eine Frage der Perspektive: Viele junge Leute sähen bei der Sicht auf das Leben das Glas halt immer halbvoll, ältere Menschen hingegen bereits halbleer.

Die in Wallisellen von Frank Baumann Befragten sind vier von 48 Persönlichkeiten, die im Buch zu Worte kommen. Ausschnitte aus den Interviews sind an passenden Stellen im Dokumentarfilm «Zu Ende leben» zu sehen, aus dem in Wallisellen bereits ein Ausschnitt gezeigt werden konnte. Die Autorin Rebecca Panian begleitete für ihr Filmessay längere Zeit Sterbende auf ihrem letzten Lebensweg.

PETER KAUFMANN