Alle Schweizer Hospize weisen Jahr für Jahr grosse Defizite aus, die mit Spendengeldern gedeckt werden müssen. Der Dachverband Hospize Schweiz fordert deshalb, dass diese Einrichtungen der spezialisierten Palliative Care in der Grundversorgung verankert werden. Damit würde auch der Privatkostenanteil für die Patienten entfallen.
«Die Finanzierung ist für alle Hospize in unserem Land ist eine grosse Herausforderung und gelingt nur dank Spenden», sagt Dr. med. Sibylle Jean-Petit-Matile, Vizepräsidentin des Dachverbandes Hospize Schweiz. Einer der wichtigsten Gründe für diesen Umstand: Mit zwei Ausnahmen werden die Schweizer Hospize als Pflegeheim geführt. Damit können die Patienten zeitlich unbegrenzt im Hospiz bleiben und müssen nicht wie in einem Spital mit laufender Fallpauschale eine Anschlusslösung suchen. Zudem braucht es in einem Hospiz mindestens doppelt so viele Pflegepersonen wie in einem Pflegeheim. Diese Mitarbeitenden haben zudem alle eine spezielle, palliative Aus- und Weiterbildung. Jean-Petit-Matile: «Die Betreuung der Menschen in der letzten Lebenszeit und ihrer Angehörigen braucht viel Einfühlungsvermögen und lässt sich nicht mit einem ‘Pflegeraster’ zeitlich einteilen.»
Ein typischer Fall
Gute Palliative Care ist zeitaufwendig und verursacht entsprechend hohe Kosten. Ein typisches Beispiel: Gut betreut und palliativ umsorgt verbrachte der 74-jährige Paul M. (Name geändert) die letzten acht Tage seines Lebens in einem Hospiz im Schweizer Mittelland. Neben der Pflege des Patienten gab es viele Leistungen, die ausserhalb der Pflege nicht abgerechnet werden konnten. Lange Gespräche mit dem Patienten waren nötig, aber auch mehrere Beratungen der Angehörigen sowie eine Abklärung der sozialen und finanziellen Situation. Auch halfen die Hospiz-Mitarbeitenden den Hinterbliebenen im Umgang mit der Trauer. Doch diese umfassende Betreuung kostet. Für Hotellerie, Pflege, Betreuung, administrative Kosten und besondere Medikamente bezahlten die Angehörigen insgesamt CHF 3'846.45. Hinzu kamen die Pflegebeiträge der Öffentlichen Hand und der Krankenkasse, zusammen etwas über CHF 1'800.-. Die effektiven Kosten des Hospizaufenthalts waren damit aber noch nicht gedeckt: Aus dem Spendenfonds musste das Hospiz zusätzlich über CHF 2'900.- selbst aufbringen.
Ein Lösungsansatz
Alle Schweizer Hospize brauchen jedes Jahr einen hohen Spendenertrag, um eine ausgeglichene Rechnung schreiben zu können. Der Dachverband Hospize Schweiz strebt deshalb einen anderen Status für die Hospize an. Sie sollen analog den Geburtshäusern in der Grundversorgung verankert und mit einer Tagespauschale vergütet werden. Sibylle Jean-Petit-Matile: «So entfällt der hohe Privatkostenanteil für den Patienten, die finanzielle Eintrittsschwelle wird abgeschafft und die Patienten können wirklich frei wählen, wo sie ihre letzte Zeit verbringen wollen.»
PETER KAUFMANN
Erschienen im EXIT-Info 3/19